Wenn ein Familienmitglied Unterstützung im Alltag braucht, stehen Angehörige oft vor der Frage: Wer kann helfen, wenn ich selbst nicht jeden Tag Zeit habe und professionelle Dienste entweder keine Kapazitäten haben oder nicht zu unseren Bedürfnissen passen?
Eine häufig unterschätzte Lösung lautet: Nachbarschaftshilfe und ehrenamtliche Betreuung.
Sie bringen menschliche Nähe, Zeit und Alltagsunterstützung dorthin, wo Pflege- und Betreuungsdienste an Grenzen stoßen. Hier erfahren Sie, welche Möglichkeiten es gibt, wo Sie passende Angebote finden, wie sie finanziert werden, und wann sie besonders hilfreich sind.
Was können Nachbarschaftshilfe & Ehrenamt leisten?
Nachbarschaftshelfer:innen und Ehrenamtliche übernehmen keine pflegerischen Tätigkeiten – dafür aber all das, was den Alltag leichter und wärmer macht. Dazu gehören:
- – regelmäßige Besuche, Gespräche und gemeinsame Beschäftigungen
- – Spaziergänge, kleine Ausflüge oder Begleitungen zu Einkäufen
- – kleine Tätigkeiten im Haushalt, etwa Aufräumen oder Wäsche falten
- – Unterstützung im Umgang mit dem Smartphone oder Tablet
- – Entlastung für Angehörige durch stundenweise Anwesenheit
Der große Vorteil: Diese Unterstützung erfolgt individuell, beziehungsorientiert und oft flexibler als bei professionellen Diensten. Viele Senior:innen öffnen sich Ehrenamtlichen schneller als fremden Pflegekräften und spüren echte soziale Teilhabe..
Welche Angebotsformen gibt es?
Ehrenamtliche Besuchsdienste
Viele Hilfsorganisationen und Vereine bieten strukturierte Besuchs- und Unterstützungsdienste an. Sie bereiten ihre Ehrenamtlichen vor, begleiten sie fachlich und vermitteln passende Einsätze. Beispiele hierfür sind
- – der Malteser Besuchs- und Begleitdienst (BBD)
- – der Besuchsdienst des DRK
- – Die Grünen Damen & Herren
Diese Dienste eignen sich besonders für regelmäßige soziale Kontakte, Gespräche und leichte Alltagsunterstützung.
Private Nachbarschaftshilfe
Hier helfen Menschen aus dem eigenen Ort oder Stadtbezirk — oft gegen eine kleine Aufwandsentschädigung oder auch komplett kostenfrei.
- – nebenan.de (größte deutschsprachige Nachbarschaftsplattform)
- – FragNebenan (österreichische Nachbarschaftsplattform)
- – Schwarzes Brett: auch das schwarze Brett im nahegelegenen Supermarkt kann dabei helfen, passende Unterstützung zu finden.
Solche Plattformen eignen sich besonders, wenn es um unkomplizierte Alltagsunterstützung direkt aus der eigenen Nachbarschaft geht.
Wo finde ich darüber hinaus passende Angebote?
A) Pflegestützpunkte
Pflegestützpunkte beraten kostenlos zu regionalen Betreuungs- und Entlastungsangeboten sowie zur Finanzierung.
Hier finden Sie Pflegestützpunkte in Ihrer Nähe.
Sie führen oft Listen mit anerkannten Nachbarschaftshelfer:innen und Ehrenamtsdiensten.
B) Mehrgenerationenhäuser
Mehrgenerationenhäuser verbinden Jung und Alt und bieten häufig Nachbarschaftshilfe, Begleitdienste und Besuchsdienste an.
C) Stadtteil- und Seniorenbüros
Kommunale Stellen wie Seniorenbüros, Quartiersmanagement oder Nachbarschaftstreffs kennen lokale Angebote und vermitteln sie niedrigschwellig.
Einfach „Seniorenbüro + Stadt“ googeln (z. B. Seniorenbüro München).
Wie finanziert sich Nachbarschaftshilfe?
Die Finanzierung variiert je nach Bundesland und Art des Angebots. Die wichtigsten Möglichkeiten:
1. Entlastungsbetrag (131 € pro Monat nach § 45b SGB XI)
In vielen Bundesländern lassen sich anerkannte Nachbarschaftshelfer:innen über diesen Betrag mit der Pflegekasse abrechnen. Das funktioniert, wenn Senior:innen mindestens den Pflegegrad 1 haben.
2. Ehrenamtspauschale / Übungsleiterpauschale
Viele Organisationen zahlen ihren Ehrenamtlichen eine kleine Pauschale (steuerfrei bis 840 €/3.000 €/Jahr). Für Senior:innen ist diese Unterstützung meist kostenlos.
3. Spendenfinanzierte Angebote
Besuchsdienste von Maltesern, AWO oder Grünen Damen & Herren arbeiten häufig komplett kostenfrei, finanziert über Spenden, Kirchen oder Stiftungen.
4. Private Nachbarschaftshilfe gegen Aufwandsentschädigung
Bei privaten Helfer:innen (z. B. über nebenan.de) vereinbart man meist eine kleine Entschädigung zwischen 5–15 €/Stunde — oder tauscht Hilfe ohne Geld aus, etwa gegen Kuchen, Blumen oder Fahrdienste.
Worauf sollten Sie achten, bevor Sie jemanden engagieren?
Egal ob organisiert oder privat — diese Punkte sind wichtig:
- – Vereinbaren Sie ein erstes Kennenlernen, um zu sehen, ob die Chemie stimmt.
- – Prüfen Sie die Vertrauenswürdigkeit der Person, insbesondere bei privat organisierter Hilfe. Ein Angehöriger sollte beim ersten Termin immer mit dabei sein.
- – Vereinbaren Sie klar, welche Tätigkeiten erlaubt sind (keine pflegerischen Aufgaben wie Waschen, Medikamente, Verbände).
- – Sprechen Sie über Regelmäßigkeit und Dauer der Besuche.
- – Bei Abrechnung über die Pflegekasse:
→ Prüfen Sie den Nachweis über die Anerkennung des Angebots. - – Wenn möglich: dokumentieren Sie die Einsätze kurz (für die Abrechnung hilfreich).
Eine unterschätzte Ressource im Betreuungsalltag
Nachbarschaftshilfe und ehrenamtliche Betreuung bringen genau das in den Alltag, was oft zu kurz kommt: Zeit, Zuwendung, Menschlichkeit und praktische Unterstützung. Sie ergänzen professionelle Dienste, entlasten Angehörige und schaffen wertvolle soziale Kontakte.
Wer sich informiert, stellt schnell fest: Es gibt deutlich mehr Unterstützung in der eigenen Region, als man denkt.